Computer

Ich habe mich einen großen Teil meines Lebens mit Rechnern beschäftigt, und das nach meinem Studium dann folgerichtig auch zu meinem Beruf gemacht. Wichtig ist dabei, dass mir dies auch immer noch Spaß macht. Ich bin der festen Überzeugung, dass Computer von ihrer charakterlichen Grundausrichtung her schlichtweg „zickig“ sind. Die Herausforderung ist dann, sie trotzdem zur Zusammenarbeit zu überreden. 🙂

Meinen ersten Computer habe ich 1982 bekommen, da war ich 16. Natürlich nicht neu, so etwas konnte sich niemand leisten. Es war ein gebrauchter Apple ][ Plus. Kenner wissen, dass bei dem „Plus“ das Wort „Euro“ fehlt, was bedeutet, es handelte sich um das amerikanische Modell. Die erste Amtshandlung war also, sich einen Trafo zu besorgen, der aus den europäischen 220 Volt amerikanische 110 Volt macht.

Der damals mitgelieferte Monitor war nach heutigen Standards grauenhaft. Klein, verschwommen und das Bild waberte die ganze Zeit mit leichten vertikalen Wellenbewegungen. Naja, das hat damals niemanden gestört. Für stolze DM 330,- bekam ich ein Jahr später einen Phillips-Monitor mit der berühmten grünen Schrift auf schwarzem Hintergrund… meine Shells sehen heute noch so aus. 😉 Das 5 ¼“ – Laufwerk war übrigens schon etwas besonderes – der Standard war damals schließlich „Datasette“! Daher kostete das Teil auch stolze DM 900,-, was mich komplette 6 Wochen Sommerferien auf dem Bau gekostet hat. Ausserdem hießen die damals noch „Shugart-Drive“.

Die Rahmendaten dieses Geräts waren beeindruckend: Ganze 48K RAM (mit der Language-Card auf 64K erweitert), 16 K ROM und eine mit sagenhaften 1MHz getaktete 6502 MOS-CPU. Gut, wahrscheinlich kann heutzutage ein Feuerzeug mehr, aber damals hatten Computer noch etwas Außergewöhnliches. Es gab kein Internet (eigentlich gar kein Netz), Software bekam man allenfalls zufällig, und wenn man etwas haben wollte, hieß es: Selber programmieren. Bei 16K ROM hatte man auch noch die Chance, alle Einsprungpunkte ins Betriebssystem (was hier „Monitor“ hieß) zu kennen. Daher hat man neben dem eingebauten Basic auch noch Assembler benutzt – was heutzutage wirklich niemand mehr macht (oder kann 😉 ).

Auch wenn der Apple ][ aus heutiger Sicht sehr antiquiert wirkt – damals war es State-of-the-Art, und weil mal so viel selber machen musste (teilweise mit dem Lötkolben), hat man viel davon begriffen, wie ein Rechner funktioniert.

Der Apple hat mich noch bis ins Studium begleitet, und eine Geradenanpassung oder kleine Statistiken für das Anfängerpraktikum waren schnell programmiert. Allerdings war die Uni (jedenfalls das II. Phys. Inst.) mit anderen Rechnern von Atari ausgestattet. Daher habe ich mich dann nach 8 Jahren dazu durch gerungen, die Plattform zu wechseln. Dazu kam, dass aktuelle Mac’s (damals war die Zeit des Macintosh) nicht wirklich bezahlbar waren. Also habe ich mir einen Atari 1040 ST zugelegt.

Der Atari hat zu seiner Zeit Maßstäbe gesetzt. Es war einer der ersten Rechner, die konsequent mit einer grafischen Benutzeroberfläche gearbeitet haben (GEM). Zu Anfang fühlte ich mich daher sehr verloren, ich habe die ganze Zeit gesucht, wo ich denn jetzt Befehle eintippen könnte… die Maus war mir wesensfremd. 🙂 Klasse war daran aber, dass das gesamte Betriebssystem (TOS), inklusive der Benutzeroberfläche, im ROM eingebaut war. Einschalten – fertig. Da musste nichts booten. Nachteil war natürlich, dass ein TOS-Upgrade (erst auf TOS 1.02, dann auf TOS 1.04) mit Wechseln von EEPROMS gemacht werden musste. Das gleiche galt für Speichererweiterungen. Aber einen Lötkolben hatte ich ja bereits. 🙂 Ansonsten war das Gerät auf der Höhe seiner Zeit: Eine Motorola-68000 CPU, 1MB RAM und eingebaute Interfaces für Parallelport, RS232 und MIDI. Geschrieben wurde mit Signum oder 1stWord, Programmiert mit Omikron- oder GFA-Basic – echte Software-Legenden. Auch Assembler machte hier viel mehr Spaß – nachdem man auf dem Apple mit Akkumulator, X- und Y-Register auskommen musste, hatte man hier auf einmal 8 Daten- und 8 Adressregister in 16 und 32 Bit Breite. Purer Luxus.

Der Atari hat mich fast mein gesamtes Studium hindurch begleitet. Ich habe auch nicht wirklich etwas vermisst, die Maschine konnte alles, was ich benötigte, und darüber hinaus sogar „Ballerburg“ oder „Bouncing Bubbles“ spielen. Sogar meine ersten Unix-Schritte ausserhalb der Uni habe ich auf dieser Maschine gemacht – das berühmte „Minix“ von Andrew S. Tanenbaum. Trotzdem, Atari war in finanzieller Schieflage, nach dem Mega ST und dem TT kam nichts mehr auf den Markt, und nach und nach verdrängte der PC alles – auch in meiner Arbeitsgruppe an der Uni. Irgendwann war es dann soweit: 1994 bekam ich meinen ersten PC. Und war damals schon nicht glücklich damit. Von der Rechenleistung war das eine echte Rakete – ein 486DX100, die schnellste CPU, die ich bis dahin je hatte. Aber DOS (damals Version 5) war einfach grauenhaft. Da war das gute alte CP/M auf meinem Apple besser – übrigens ein direkter Vorfahr von DOS, man muss sich nur die Funktionsnamen im Betriebssystem mal genauer anschauen. Das wurde auch nicht besser, als ich es mit dem damals gerade neuen Windows 3.1 versucht habe. Die meiste Zeit verbrachte man damit, etwas unter Windows ans Laufen zu bekommen oder in der config.sys herumzufummeln und mit HIMEM-Blöcken zu jonglieren. Zum Glück gab es etwas neues… LINUX!

Aber auch Linux war seinerzeit nicht wirklich ein Spaß. Meine erste Distribution (Slackware 0.9) kam auf sage und schreibe 54 (!) 5 ¼“-Disketten. Da hat die Installation tatsächlich einen ganzen Tag gekostet. Und schließlich musste man danach ja noch den Kernel kompilieren, Kernelmodule waren da noch unbekannt. Da hatte man sich schon mal ein Wochenende Zeit nehmen müssen, sehr zum Ärger der ein oder anderen Freundin. 🙂 Gelernt hat man da allerdings ne Menge, davon zehre ich heute noch.

Als Desktop war Linux damals aber noch Lichtjahre von „Anwenderfreundlich“ entfernt – X11 musste noch zu Fuß konfiguriert werden, Fonts klappten nie auf Anhieb, und irgendwelche Sound-Devices ans Laufen zu bekommen, davon wollen wir erst gar nicht reden. Besser wurde die Situation erst, als ich beschlossen habe, doch mal was anderes auszuprobieren – OS/2! Ich glaube bis heute, dass das eines der besten Betriebssysteme war, welches ich je benutzt habe. Streng objektorientiert, sauber in den Schnittstellen und wirklich stabil. Dieses System habe ich benutzt, bis es von IBM eingestampft wurde (mit Warp4), sehr zu meinem Leidwesen. Der IBM VisualAge C/C++-Compiler war die gelungenste Entwicklungsumgebung, an der ich jemals gesessen habe, das gilt bis heute. Schade.

Heute sitze ich wieder an einem Apple – back to the roots. Ich genieße es sehr, dass ich mich um meinen Rechner nicht großartig kümmern muss, er funktioniert einfach. Ich muss mir keine Zeitschriften kaufen, in denen lange Artikel beschreiben, wie man die gröbsten Fehler von Betriebssystem XY (fängt mit W an) umgeht und trotzdem ansatzweise arbeiten kann. Ich muss nicht dauernd neue Treiber installieren oder Komponenten tauschen. Er läuft einfach. Mittlerweile ist es auch der 4. Mac nach der PC-Ära, nach einem G3, einem G4, einem G4-Dual arbeite ich jetzt mit einem iMac (Intel). Die meisten Dinge gehen „einfach so“, die goldene Regel ist: Wenn ich mit der Maus was von A nach B ziehen kann, dann passiert damit auch was sinnvolles. Ich kann auch die Meinung der Leute nicht teilen, die sich permanent vom Betriebssystem gegängelt fühlen, weil systemkritische Bereiche der Festplatte z.B. im Finder ausgeblendet sind. Dies ist einer der Gründe, warum das System so stabil ist, indem man eben nicht jeden überall herumfuhrwerken lässt. Außerdem darf man in der Shell nach wie vor alles – auch alles kaputt machen. Die Tatsache, dass man aber erst etwas tun muss (z.B. die Shell finden), regt das Nachdenken darüber an, ob man wirklich weiß, was man tut.